Prof. Franz Hennevogl

Vom Staatskonservatorium zur Musikhochschule

Vorbemerkung: Es handelt sich um die nachträglich ergänzte Schriftfassung eines am 4. Mai 2015 geführten Interviews. Die Fragen stellte Christoph Henzel.

CH: Wie sind Sie an das Staatskonservatorium gekommen?

FH: Nach dem Zweiten Staatsexamen bin ich im Dezember 1961 am Würzburger Röntgengymnasium angestellt worden. Bald darauf suchte mich der damalige Offiziant des Staatskonservatoriums, Karl Erlbeck, in der Schule auf und sagte, ich müsse zum Direktor Reinartz kommen, worauf ich erwiderte, dass ich lediglich sterben müsse. Trotzdem bin ich natürlich zum vereinbarten Termin in Richtung Villa Völk, der damaligen Heimstätte des „Kons“, gegangen, zunächst ins Zimmer des Direktors. Rundum waren dort die Wände mit Konzertplakaten beklebt. Hier lud mich Hanns Reinartz ein, als Geiger im Kammerorchester mitzuwirken.

CH: Wo hatten Sie Violine studiert?

FH: Ich habe an der Hochschule für Musik in München bei Wilhelm Stross [1] studiert, für mich eine glückliche Fügung, da Lehramtsstudenten üblicherweise nicht zu ihm kamen. So habe ich mich dann auch in meinem Studium schwerpunktmäßig mit meinem Instrument und mit Kammermusik beschäftigt.
Das Kammerorchester des Bayerischen Staatskonservatoriums setzte sich traditionsgemäß aus den Lehrkräften, den besten Studierenden und Gästen zusammen. Zu denen zählten z. B. der ehemalige Konservatoriumsprofessor Willy Schaller und Oberstudienrat Willy Schwinn [2] vom Sieboldgymnasium, beide an der Bratsche.

CH: Willy Schaller war Professor für Violine am Staatskonservatorium. Was war das für ein Mensch?

FH: Trotz seines hohen Alters wirkte er noch ungemein vital und erinnerte mich von seinem Äußeren her an Gerhart Hauptmann.

CH: Wo fanden am damaligen Staatskonservatorium die Orchesterproben statt?

FH: Die Architektur des Probenraumes ist mir nicht mehr ganz klar in Erinnerung. Die Proben fanden im Flur des Erdgeschosses der Villa Völk statt. Das war recht abenteuerlich, da der Platz nicht reichte und ein anschließendes Zimmer mit ausgehängten Türen zusätzlich genutzt wurde. Ich erinnere mich, dass der Kollege Frank-Ulrich Wurlitzer, damals noch Student [3], aus einer Art Nische heraus als Solist ein Klavierkonzert von Mendelssohn spielte.
Bald kamen Gert Hoelscher (1962) für den verstorbenen Hans Krasser und Conrad von der Goltz (1963) für den an die Hochschule für Musik in München berufenen Heinz Endres als Violindozenten dazu.
Im Herbst 1965 wurde mir die neu eingerichtete dritte Planstelle für Violine angeboten. Ich griff zu und wurde vom Röntgengymnasium an das Staatskonservatorium versetzt.

CH: War das eine Professur, die Sie dann innehatten?

FH: Nein, die Lehrkräfte waren institutionell dem Höheren Dienst zugeordnet. Ich weiß aber, dass die Lehrkräfte des „Kons“ traditionsgemäß als Professoren tituliert wurden. Ich war damals das „Küken“ im Kollegium. Die älteren Kollegen sind vor ihrer Berufung als Konzertmeister, Solobläser etc. in namhaften Orchestern und Opernhäusern tätig gewesen. Sie spielten nun als Stimmführer im Kammerorchester bzw. Sinfonieorchester mit und ich war glücklich, auch in verschiedenen Kammermusikensembles, vom Trio bis zum Sextett, mitwirken zu können.

CH: Welche Schüler haben Sie unterrichtet?

FH: Ich bildete in den ersten Jahren vorwiegend Studenten aus, die Fachlehrer für Musik an Volks- und Realschulen werden wollten. Sie kamen nach der Mittleren Reife für zwei Jahre ans Konservatorium, um im Anschluss daran das zweite Fach an anderen Bildungseinrichtungen zu studieren.
Daneben unterrichtete ich einige Gastschüler und Gaststudenten, die von den Gymnasien und der Universität kamen.
In dieser Zeit verstärkte sich bei mir der Eindruck, dass mein Blick auf die Musik etwas einseitig sei. Ich verspürte mehr und mehr Defizite im Bereich des musikwissenschaftlichen Zugangs zur Musik. Ich habe deswegen meine Fühler in Richtung Universität ausgestreckt, wo ich neben der Arbeit am Konservatorium ab WS 1968 Musikwissenschaft studierte und auch ein wenig in die Welt der Klassischen Archäologie eindrang.

CH: War das ein reguläres Studium, das Sie aufnahmen, oder waren Sie Gasthörer, der sich seine Seminare selbst auswählen konnte?

FH: Es war ein reguläres Studium, das ich jedoch nicht abgeschlossen habe. Zur selben Zeit wurden von Seiten des Konservatoriums, unterstützt von Bildungspolitikern, verstärkt Anstrengungen unternommen, die Statuserhöhung zur zweiten bayerischen Musikhochschule zu erreichen. Ich wurde in diesen Prozess von der Direktion mit einbezogen, der ja diverse strukturelle, organisatorische und inhaltliche Änderungen mit sich brachte. Parallel dazu vollzogen sich dank des vom Deutschen Bildungsrat erarbeiteten Strukturplans für das Bildungswesen gewaltige Änderungen im gesamten deutschen Bildungswesen. In dieser spannenden Reformphase wurde mir bald klar, dass ich in dem neu auf die künftige Hochschule zukommenden Ressort, der Ausbildung für das künstlerische Lehramt, arbeiten wollte.

CH: Um noch einmal auf die Fachlehrer zu sprechen zu kommen: Haben sie alle Geige gelernt? Mussten sie zwei Instrumente lernen?

FH: Die konnten alle möglichen Instrumente spielen. Klavier war aber, soweit ich weiß, verpflichtend.

CH: Wie kann man sich vorstellen, wie Sie sich in das pädagogische Feld eingearbeitet haben? Haben Sie sich eingelesen oder Seminare und Kurse besucht?

FH: Ich bin zu Tagungen und Kongressen für Musikpädagogik (z. B. Bundesschulmusikwochen) gefahren und habe mich in die ältere und die damals stark anschwellende aktuelle musikpädagogische Literatur eingearbeitet. Ich bin also Autodidakt.

CH: Wie sind Sie denn in Ihrer früheren Münchner Zeit auf die Idee gekommen, Schulmusik zu studieren? Offensichtlich wollten Sie ja anfangs Geige studieren.

FH: Nach den ersten beiden Semestern mit dem Hauptfach Violine habe ich vom dritten Semester an parallel Hauptfach Violine und Schulmusik studiert. Ich pendelte jedoch während meiner gesamten Studienzeit zwischen dem Künstlerischen – ich war ja in einer sehr guten Geigenklasse – und der Schulmusik. Auf der einen Seite also die Schulstube und auf der anderen das Konzertpodium. Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich 1959 nach dem Ersten Staatsexamen die Schwelle zum Theresiengymnasium in München überschritt und plötzlich genau wusste, dass die Entscheidung gefallen war.

CH: Was haben Sie denn im Studium von den pädagogischen Aspekten mitgenommen?

FH: Der Akzent lag auf der Methodik des Musikunterrichts. Im Laufe des Studiums waren zusätzlich vierwöchige Praktika an Volksschule und Gymnasium abzuleisten.

CH: Sie sind also zuerst in München an einer Schule gewesen?

FH: Ja, die Stammschule während der Referendarzeit war also das Theresiengymnasium. Zu Beginn dieser ersten Phase nahmen wir über mehrere Wochen als Hörer am Unterricht der Seminarlehrer teil und unternahmen erst dann unter Anwesenheit eines Seminarlehrers erste Lehrversuche. So blieb einem der berüchtigte „Praxisschock“ erspart. In den Fachsitzungen wurden die Lehrversuche akribisch analysiert. Die zweite Phase mit selbständigem Unterrichtsauftrag verbrachte ich im zauberhaften Miltenberg und im wonnigen Pocking in Niederbayern. Am Ende der Referendarzeit legte man das Zweite Staatsexamen an der Stammschule ab.

CH: Sollte Ihr Unterricht genauso gestaltet sein wie der des Seminarlehrers?

FH: Nein, er hat in der Regel das Thema gestellt. Man war dann völlig frei in der Methode. Freilich sollte sich der Unterricht – gerade an einer Seminarschule – an den damals recht allgemein formulierten Lehrplänen orientieren.

CH: Nach dem zweiten Examen sind Sie dann nach Würzburg gekommen?

FH: Ja, man konnte sich auf eine freie Stelle bewerben und ich habe mich für Würzburg entschieden. Würzburg war mir schon ein bisschen bekannt, übrigens auch durch Namen wie Werner Berndsen, Ernst Flackus und Kurt Hausmann. [4]

CH: In den 70er-Jahren haben Sie am Staatskonservatorium die Schulmusikabteilung aufgebaut. Welche Aufgaben und Probleme waren damals zu bewältigen?

FH: Ich war ganz alleine, da es an der Hochschule niemanden gab, der eine Ahnung vom Fächerkanon und den Besonderheiten der Lehramtsstudiengänge hatte. Im Kollegium musste erst einmal ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass jetzt ein neuer Kreis von Studenten nach Abitur und bestandener Eignungsprüfung nach Studienplänen auszubilden war, die sich an der damals gültigen Gymnasialprüfungsordnung orientierten.
Als Instrumentalkombinationen – heute kaum mehr vorstellbar – waren nur Klavier als erstes und Violine als zweites Instrument bzw. Violine als erstes und Klavier als zweites Instrument zugelassen.

CH: Warum war das so? Für die Fachlehrer war es doch möglich, auch andere Instrumente zu wählen.

FH: Weil das an der einzigen bayerischen Musikhochschule in München seit Beginn der akademischen Lehrerausbildung 1924 so üblich war. Mit dem damaligen Leiter der Schulmusikabteilung habe ich darüber verhandelt und räsoniert. Seine einzige Erwiderung war: „Was wollen Sie denn mit 20 Flöten im Schulorchester?“ Das war also ein mühseliger Kampf und erst 2002 wurde die völlige Gleichberechtigung aller Instrumentengruppen in der Ausbildung von Schulmusikern erreicht. Ich erinnere mich noch, dass ein Ratgeber des Ministeriums, nachdem wir Bratsche und Cello als zweites Instrument durchgesetzt hatten und nun auch den Kontrabass als Zweitinstrument einführen wollten, die wenig originelle Behauptung aufgestellt hat, der Kontrabass sei kein Melodieinstrument. Ich habe damals die etwa 70 Seiten umfassende Literaturliste aus Planyavskys Geschichte des Kontrabasses eingereicht. [5] So wurde der Kontrabass auch in Bayerns Lehramtsstudiengängen zum Melodieinstrument.

CH: Hat diese Beschränkung die Zahl der Studienbewerber heruntergedrückt?

FH: Ich weiß es nicht genau. Auf diese rigide Beschränkung hatten sich viele potentielle Studienbewerber schon während ihrer Schulzeit eingestellt. Ich weiß allerdings auch, dass viele „Landeskinder” an außerbayerische Musikhochschulen gingen, wo sie die für sie passenden Instrumentalkombinationen wählen konnten. Nicht zuletzt war dies damals auch ein Argument, in Nordbayern eine zweite bayerische Musikhochschule zu etablieren, um hier eine weitere Studienmöglichkeit in künstlerischen und künstlerisch-pädagogischen Studiengängen zu schaffen.

CH: Was sprach noch für einen zweiten Standort für die Lehramtsausbildung in Bayern?

FH: Die Tatsache, dass sich das Niveau am Bayerischen Staatskonservatorium dem Hochschulniveau deutlich angenähert hatte. Es war also nicht nur eine Angelegenheit des Prestiges, sondern inhaltlich gut zu begründen.

CH: Welche Anforderungen hatte man damals zu erfüllen, wenn man hier Schulmusik mit dem Hauptfach Klavier studieren wollte?

FH: Meine Vorstellung, die, was die Eingangsvoraussetzungen betrifft, natürlich nicht unumstritten war, ist, dass zwischen einem Schulmusik- und einem Diplomstudenten kein großer Unterschied bestehen soll. Ich habe also immer versucht darauf zu achten, dass das Niveau auf dem ersten Instrument entsprechend war.

CH: Sie sagen „versucht“ – ist es gelungen oder war es nicht immer zu realisieren?

FH: Ich denke schon, dass es meist gelungen ist. Das instrumentale Niveau war teilweise sehr beachtlich, und als z. B. Trompete als zweites Instrument eingeführt wurde, waren die drei besten Trompeter der Hochschule Schulmusiker mit zweitem Instrument Trompete. Das war aber, zugegeben, eine Ausnahme…

CH: Wie kam das?

FH: Nun, es gab zwei Studenten, die bereits Trompete studiert hatten; sie wollten aber nicht ins Orchester gehen, sondern lieber Schulmusiker werden.

CH: Was wurde denn außerdem noch geprüft?

FH: Das zweite Instrument, Gesang und elementarer Tonsatz, d. h. man musste einen bezifferten Bass aussetzen, eine diatonische Modulation aufschreiben und eine vorgegebene Melodie vierstimmig ausarbeiten.

CH: Sie haben über einen sehr langen Zeitraum die Entwicklung der Aufnahmeprüfungen verfolgen beziehungsweise mitgestalten können. Können Sie sagen, dass sich da viel geändert hat?

FH: Ich muss schon sagen, dass im Lauf der Jahrzehnte eine etwas fundiertere Literaturkenntnis zu beobachten war. Über die Entwicklung des Niveaus kann ich jetzt konkret nichts sagen, ich habe ja seit siebzehn Jahren keine Prüfung mehr gehört.

CH: Wie war das Verhältnis zu München bei der Ausgestaltung des Schulmusikstudiums? Mussten Sie in Würzburg immer das tun, was von dort vorgegeben wurde?

FH: Nein. Die Münchner Musikhochschule hat uns nie etwas vorgegeben. Vorgegeben war nur die damals gültige Gymnasialprüfungsordnung. Aus dieser haben wir unseren Studienplan abgeleitet. Allerdings, und das war ein Novum, haben wir mit der Universität Würzburg einen Kooperationsvertrag abgeschlossen mit dem Ziel, den musikwissenschaftlichen Anteil im Schulmusikstudium der Universität zu überantworten. Beiderseitiger Wunsch war, jede Institution sollte ihr Bestes in die Ausbildung der Lehramtsstudenten einbringen. Ich muss zugeben, dass der musikwissenschaftliche Anteil im Studium in den ersten Jahren recht üppig ausgestattet war. Nach und nach ergaben sich aber einige „Flurbereinigungen“.

CH: Was war mit den anderen Aspekten des Schulmusikstudiums?

FH: Im Zuge der Umsetzung des Strukturplans für das Bildungswesen, der in den 70er-Jahren im gesamten Hochschulbereich zu tiefgreifenden Reformprozessen führte, mussten v. a. Diplom- und Lehramtsprüfungsordnungen, die den gewandelten Anforderungen entsprechen sollten, anstelle der obsolet gewordenen alten Prüfungsordnungen erarbeitet werden.
In mühsamen Planungs-, Arbeits- und Abstimmungsprozessen zwischen den Musikhochschulen und den bayerischen Universitäten wurde eine neue Lehramtsprüfungsordnung erarbeitet, die – etwas verkürzt gesagt – neben neuen Studieninhalten auch eine differenziertere Beschreibung der inhaltlichen Prüfungsanforderungen brachte.
Personelle Verstärkung kam 1979 durch die Berufung von Lenz Meierott für den Bereich Musikwissenschaft sowie Musikpädagogik und später von Volker Schütz auf die damals deutschlandweit erste Professur für Didaktik der Rock- und Popmusik. Ich bin glücklich, dass wir über Jahrzehnte in stabiler Harmonie und Freundschaft zusammenarbeiten konnten.

CH: Können Sie umreißen, was das Gesamtziel von Ihnen gewesen ist?

FH: Vielleicht lässt es sich so beschreiben: durch das Zusammenspiel von Forschung, Lehre und Studium ein Klima zu ermöglichen, in dem so etwas wie eine universitas magistrorum et scholarium entstehen kann. Dies sollte v. a. an den vergleichsweise kleinen Musikhochschulen gelingen. Wilhelm von Humboldt hat zu Zeiten der Berliner Universitätsreformen ganz gewiss nicht an Massenuniversitäten gedacht. Die Universität Berlin zählte 1810 gerade mal 256 Studenten.

CH: Ab den 70er-Jahren hatten Sie eine Professur für Musikpädagogik inne?

FH: Nach der Umwandlung der Fachakademie zur Musikhochschule wurden aus dem Kreise der Lehrkräfte die ersten fünf Professoren berufen. Da die jungfräuliche Hochschule noch nicht über Professoren verfügte, wurde – wie bei Universitätsgründungen auch üblich – ein externer Berufungsausschuss gebildet, dem meines Wissens nach Vertreter der Würzburger Universität, der Musikhochschule München und des Kultusministeriums angehörten.

CH: Können Sie sich erinnern, was Sie in Ihren Lehrveranstaltungen in dieser frühen Zeit behandelt haben?

FH: Stichpunktartig fallen mir ein: historische, musikpsychologische und musiksoziologische Aspekte der Musikpädagogik, Legitimationsproblematik, Curriculumtheorie, Konzeptpluralismus, Lehrplananalyse, Planung von Musikunterricht. Flankierend dazu haben wir Kollegen zu Gastvorträgen und Seminaren eingeladen und sind mit Studenten zu den alle zwei Jahre stattfindenden Bundesschulmusikwochen gefahren.

CH: Wie kam es, dass Sie Vizepräsident geworden sind? Welche Aufgaben hatten sie?

FH: Nach der Ruhestandsversetzung von Präsident Hanns Reinartz wurde Bertold Hummel zu dessen Nachfolger gewählt. Hummel schlug mich für das Amt des Vizepräsidenten vor. Ich wurde vom Senat gewählt.
An Aufgaben kann man hauptsächlich nennen: Angelegenheiten von Studium und Lehre, Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen, Organisation von Eignungs-, Zwischen-, Diplomprüfungen, örtliche Prüfungsleitung für die Staatsprüfungen, Funktion eines Ministerialbeauftragten für die Prüfungen an den damals noch bestehenden Fachakademien für Musik in Nürnberg, Würzburg und Bayreuth.

CH: Und was hat sie auf den Präsidentensessel geführt?

FH: Der Sessel ist nicht sehr bequem. Bertold Hummel ging nach zwei Amtszeiten als Präsident in den Ruhestand. Für die Wahl zum Präsidenten galt damals folgendes Procedere: Die Mitglieder des Senats erstellen aus dem Kreis der Professoren in geheimer Wahl eine Vorschlagsliste. Die drei Professoren, die die meisten Stimmen erhalten haben, gelten als Kandidaten; erklären sie ihr Einverständnis mit der Kandidatur, findet in einer weiteren Sitzung die Wahl statt.

CH: Gab es vielleicht Bedenken dagegen, dass ein Pädagoge dieses Amt übernahm?

FH: Ich bin viermal zum Vizepräsidenten und zweimal zum Präsidenten gewählt worden. Ich vermute, dass sich die Bedenken in vertretbarem Rahmen gehalten haben. Ich glaube, dass bei einer Persönlichkeit, die eine Hochschule leitet, das Fach, das sie vertritt, eine untergeordnete Rolle spielt.

CH: Was konnten Sie in dieser Position gestalten?

FH: Ich greife nur die wichtigsten Aufgaben heraus, die während meiner beiden Amtszeiten zu lösen waren. Es war eine ungewöhnlich große Zahl von ca. 35 Berufungsverfahren durchzuführen. Die Gründe: Die Altersstruktur des Kollegiums und die damals noch unausgewogene Personalstruktur (d. h. das Verhältnis zwischen den C4- und C3-Professorenstellen) – letztere führte dazu, dass neu berufene Kollegen nach kurzer Zeit auf attraktivere Stellen wegberufen wurden. Ein gerütteltes Maß an Energie absorbierten Planung und Bau in der Bibrastraße. Schließlich wurden in einem lang dauernden Prozess anstelle der völlig obsoleten alten Prüfungsordnungen für alle Diplomstudiengänge Fachprüfungsordnungen samt Allgemeiner Prüfungsordnung erarbeitet.
Daneben hatte ich noch von 1992 bis 1994 den Vorsitz der Rektorenkonferenz der Musikhochschulen Deutschlands inne, eine Aufgabe, die wenig Gelegenheit zum Müßiggang bietet.

Redaktion: Marc Deml und Christoph Henzel

Nachtrag: Franz Hennevogl ist am 9. September 2021 verstorben.

Fußnoten

[1] Wilhelm Stross (1907-1966) war von 1934-1945 Professor an der Akademie der Tonkunst (Hochschule für Musik) in München. Nach einem Intermezzo in Köln lehrte er ab 1954 wieder in München.

[2 Willi Schwinn hatte von 1925 bis 1928 am Staatskonservatorium studiert und 1930 die zweite Prüfung für das Lehramt der Musik abgelegt. Von 1931-1936 unterrichtete er in Hof. 1937 wurde er Dozent für Musiklehre und Gesang an der Hochschule für Lehrerbildung in Würzburg. 1939 promovierte er an der Universität Würzburg (Studien zur Sammlung ‚Fränkische Volkslieder‘ von Franz Wilhelm von Ditfurth).

[3] Der spätere Professor für Klarinette studierte von 1960-1963 Klavier und Klarinette am Staatskonservatorium in Würzburg.

[4] Die Professoren für Flöte, Klarinette und Oboe am Staatskonservatorium.

[5] Vgl. Alfred Planyavsky, Geschichte des Kontrabasses, Tutzing 1970.