Gertrud Reichling
Erinnerungen an Armin Knab
Den Namen Armin Knab hörte ich zum ersten Mal im Musikunterricht an der Oberschule für Mädchen in Kitzingen, in die ich 1940 mit zehn Jahren eintrat. Wir hatten dort eine ausgezeichnete Musiklehrerin, Maria Friedel [1], die wir alle sehr verehrten. Sie verstand es, die ganze Klasse für Musik zu begeistern, und wir sangen mehrstimmig, u.a. auch Lieder für dreistimmigen Frauenchor von Armin Knab. Im Jahr 1943 veranstalteten wir zum „Tag der Hausmusik“ eine Hausmusikstunde mit Werken zeitgenössischer Komponisten, deren einer Teil ganz Armin Knab gewidmet war und zu der wir Schülerinnen die Programme mit der Hand schrieben und verzierten (siehe Bild 1a und b).
Nach dem Bombenangriff auf Kitzingen am 23. Februar 1945 und dem im Mai folgenden Kriegsende gab es zunächst weder Schule noch privaten Musikunterricht. Erst im Winter normalisierte sich das Leben, und ich konnte meine Klavier- und Violinstunden wieder aufnehmen.
In der großen Wohnung meiner Klavierlehrerin Eugenie Braun [2] hatte mittlerweile das mehrfach ausgebombte Ehepaar Knab in zwei Zimmern Unterschlupf gefunden, und so lernte ich Armin Knab nun auch persönlich kennen (siehe Bilder 2 und 3). Er hatte selbst keine Kinder und versammelte gern junge musikalische Leute bei sich, mit denen er musizierte und denen er seine Kompositionen vorstellte. So führten wir z.B. am 9. Januar 1946 in seinem Beisein bei Eugenie Braun seine Weihnachtskantate Singt und klingt auf, und in meinen Tagebüchern aus dieser Zeit finde ich immer wieder Eintragungen über Musizier-Nachmittage und -Abende bei Knabs, an denen wir seine Chor- und Klavierlieder sangen, er uns neue Kompositionen zeigte, uns aber auch in Werke von Mozart oder Schubert einführte. Er war ein ausgezeichneter Pädagoge, und ich verdanke ihm mein erstes tieferes musikalisches Verständnis und Wissen.
Zu seinem 65. Geburtstag am 19. Februar 1946 bildeten wir heimlich ein kleines Chörlein und übten Knab-Lieder ein, die wir ihm zur Überraschung als „Morgenständchen“ sangen. (siehe Bild 4). Wir durften dann mit den Geburtstagsgästen feiern und musizieren und wurden von Yvonne Knab bewirtet. Das war für uns 15/16jährige Schüler natürlich ein großes Ereignis!
Wir musikalischen Freunde [3] hatten uns zusammengeschlossen und für Ostern 1946 eine Radtour auf die Vogelsburg geplant. Armin Knab nannte uns spasshaft die „Gipfelstürmer“ und gab uns ein verschlossenes Kuvert mit der Aufschrift „ERST auf der Vogelsburg zu öffnen“ mit. Es enthielt 5 Mark und ein Brieflein mit guten Wünschen für die Fahrt (siehe Bild 5). Ein paar Tage später schenkte mir Armin Knab das für uns komponierte Fränkische Fahrtenlied nach dem Text von Victor von Scheffel für Flöte, Gesang und Gitarre (siehe Bild 6).
Zu meinem 16. Geburtstag am 10. Mai 1946 komponierte mir Armin Knab Stücke für drei F-Flöten (siehe Bild 7) (sie wurden später im Verlag Schott gedruckt) und widmete mir und meiner Schwester Erika, die fünf Jahre vor mir am gleichen Tag geboren wurde, ein reizendes Gedicht (siehe Bild 8). Das waren meine schönsten Geburtstagsgeschenke!
In der Oberrealschule, in die ich jetzt ging, musste im Deutsch-Unterricht jeder ein Referat über ein selbstgewähltes Thema halten. Ich wählte das Thema „Armin Knab – ein Komponist der Gegenwart“ und benutzte dazu als Quellen vor allem das Buch über Knab von Oskar Lang und Aufsätze Knabs über sein eigenes Werk. Stolz fügte ich als Quelle noch hinzu: „Eigene Bekanntschaft mit dem Komponisten“! Ich zeigte das drei Seiten umfassende, auf der Maschine geschriebene Referat Armin Knab und freute mich, dass er es gut fand. Nachdem ich es am 21. Mai in der Schule gehalten hatte, schenkte er mir die vier Hefte der im Moeck-Verlag herausgekommenen Händel-Sonaten für Altblockflöte (mit handschriftlicher Widmung), die er dann auch öfter mit mir musizierte.
Für die Sommerferien 1946 nahmen wir sechs „Gipfelstürmer“ uns eine einwöchige Fahrt mit den Rädern in die Fränkische Schweiz vor. Das war gar nicht so einfach, denn so kurz nach dem Krieg hatten wir alle nur alte und nicht wirklich zuverlässige Fahrräder, und auch die Verpflegungsfrage war schwierig, weil die Lebensmittel immer noch rationiert waren (Lebensmittelkarten). Wir vertrauten darauf, bei den Bauern in den Dörfern etwas Essbares „hamstern“ zu können, und fuhren am 3. August ohne Bedenken los. Auch für diese Fahrt gab uns Armin Knab ein verschlossenes Kuvert mit, das wir erst auf der Treppe von Kloster Banz öffnen sollten. Es enthielt einen 20-Mark-Schein und folgendes Gedicht, das Knab von seiner humorvollen Seite zeigt:
Liebe Gipfelstürmer!
Nun seid ihr sechse schon in Banz (Die Räder sind doch wohl noch ganz?)
Ist das Wetter brav gewesen? Wir werden’s ja im Blättchen lesen.
Da seht ihr nun den jungen Main, wie er schmächtig noch und klein
sich durch Erlenwiesen schlängelt, nicht vom Flußbauamt gegängelt.
Drüben liegt nun Vierzehnheiligen, habt’s bewundert schon, ihr Eiligen!
In Bamberg war‘t ihr wohl im Dom? (Auf sieben Hügeln liegt’s wie Rom).
Der Reiter ist noch zugemauert, weil ihn Deutschlands Zukunft dauert,
weil er auch als Militarist besser nicht in Freiheit ist.
Habt ihr Heinrichs Frau gesehen über glühende Pflugschar’n gehen?
Hat die Füß‘ sich nicht verbrannt. Für den Gatten war’s fast eine Schand.
Geworden ist er doch ein Sanct, weil man sonst Gutes ihm verdankt.
War’t ihr auch, wie sich’s gehört, bei E.T.A. Hofmann am Zinkenwörth?
Das Böttcherhaus habt ihr vergessen, zu lang im „Mondschein“ wohl gesessen.
Wie verlief denn sonst die Fahrt, für die so fleißig ihr gespart?
Habt ihr euch auch nicht gestritten, euch einander wohl gelitten?
Gruppenbildung auch vermieden, weil sich andre sonst betrüben?
War‘t ihr zueinander nett, lang-und kurzbehaart Terzett?
Habt bei Margrets Essigkunden [4] lustig Abendbrot geschunden?
Hat mit ihrer Flöt‘ Gedudel Milch gezaubert unsere Trudel?
Hat kein Jüngling aus Amerika nachgestellt der holden Erika?
Schlug der Dieter Bauernorgeln, deren Pfeifen schaurig gorgeln,
oder Domes Instrument, wo noch seine Seele brennt?
Und den blonden Siegfried Armin, sah man niemals Arm in Arm ihn?
Habt ihr Jungen eurer Mädchen luftentlass’ne, platte Rädchen
schleunigst wieder abgedichtet, sie dafür euch’s Brot gerichtet?
Solcherlei gibt’s tausend Fragen, will euch länger nicht mehr plagen.
Nehmt nun diesen schnöden Fetzen, mög‘ er sich in Wein umsetzen,
oder auch in Schokolade, wenn die Bäuchlein mal malade,
weil ihr grünes Obst gegessen, auch im nassen Gras gesessen,
oder auch in Streuselkuchen, in Karpfen, Hechte oder Huchen
oder auch in Bachforellen, die die Fränkische Schweiz durchschnellen.
Die Geldverwertung macht Verdruß, wenn man viel entbehren muß.
Auf weiteres Fahrtenglück zum Schluß den Gipfelstürmern zackigen Gruß!
Armin Knab 3. August 1946
Ein paar Tage nach unserer Rückkunft waren wir dann abends bei Knabs zum Kakao eingeladen und berichteten von unserer Fahrt.
Immer wieder wurde ich auch zu Konzerten mit Knab-Werken mitgenommen, nach Münsterschwarzach, Marktbreit, Würzburg, Schwabach oder sogar nach Frankfurt, wo das Oratorium Das gesegnete Jahr uraufgeführt wurde und wir im Hotel übernachteten. Das waren natürlich wunderbare Erlebnisse für mich! Im Dezember 1946 beschlagnahmten die Amerikaner das 7-Familien-Haus, in dem wir wohnten, und wir mussten unsere Wohnung räumen, mussten alle Möbel dalassen und durften nur unsere Betten mitnehmen.
Meine Schwester Erika, die damals übergangsweise bei der Militärregierung arbeitete, erreichte, dass wenigstens sie die Möbel ihres Zimmers und das Klavier behalten durfte. Nachdem Kitzingen so stark zerstört war, fanden meine Eltern keine Wohnung, und die Familie musste getrennt in einzelnen Zimmern bei verschiedenen Leuten wohnen (bis mein Vater schließlich 1948 als Lehrer nach Westheim zog). Armin Knab half uns bei der Suche und fand für meine Schwester und mich ein Zimmer bei Privatleuten im ersten Stock des Gasthauses „Zur Sonne“ in der Fischergasse.
Als wir uns eingerichtet hatten, besuchte er uns mit seiner Frau, brachte uns zum Einzug einen Rembrandt-Druck als Wandschmuck und ein Blumenväschen mit, und wir verbrachten einen schönen Kaffee-Nachmittag, bei dem er uns späte Beethoven-Sonaten vorspielte.
Da wir in dem Zimmer einen kleinen Kohleofen hatten, der gut wärmte, es sehr ruhig war und ein Klavier zur Verfügung stand, vereinbarten wir mit Armin Knab, dass er manchmal, wenn wir beide nicht da waren, in unserem Zimmer arbeiten konnte, weil er in der Wohnung von Eugenie Braun wegen der Klavierstunden, die sie gab, oft keine Ruhe hatte. Er hinterließ dann beim Weggehen meist einen kleinen Zettel mit seinem Dank (siehe Bild 9).
Da ich vorhatte, Musik zu studieren, begann Armin Knab im Januar 1947, mir Kontrapunkt-und Harmonielehre-Unterricht zu geben, und so arbeitete er nun fast jede Woche einmal am Nachmittag mit mir. Er war ein sehr guter und geduldiger Lehrer, gab mir auch Hausaufgaben, die er korrigierte und mit mir besprach. [5] Im Anschluss an den Unterricht spielte er mir oft seine neuesten Kompositionen vor, so z.B. die Goethe-Lieder und die Kantate Vanitas mundi nach Gryphius für Sopran, Flöte und Klavier (bzw. Orchester), woran er gerade arbeitete. Durch ihn lernte ich auch Kompositionen seines jüdischen Freundes Herbert Fromm kennen. Der war Sohn eines Kitzinger Weinhändlers, hatte in München Musik studiert, war als Kapellmeister in Würzburg 1933 entlassen worden und 1937 in die USA ausgewandert. Dort studierte er noch bei Hindemith und wurde schließlich in Boston am „Temple Israel“ Organist und ein bekannter Komponist. [6] So bekam ich im Hause Knab viele Anregungen musikalischer und geistiger Art, an die ich unendlich dankbar zurückdenke.
Im April 1947 führten wir Schüler von Eugenie Braun und viele befreundete junge Leute in der Braunschen Wohnung das Märchenspiel Rumpelstilzchen von Hermann Claudius mit der Musik von Armin Knab auf. Der schrieb anschließend über diese Aufführung einen begeisterten Brief an seinen Freund Hermann Claudius, auf dem wir Mitwirkenden alle unterschrieben. (Durch seine Witwe kam der Brief später an die Kitzinger Zeitung, die ihn 1981 zum 100. Geburtstag Knabs als Kopie veröffentlichte.)
Zum 10. Mai 1947 komponierte Armin Knab uns zwei Schwestern eine Sarabande für Violine und Klavier (siehe Bild 10), und auch in den folgenden Jahren bekam ich zum Geburtstag und zu Weihnachten jedesmal ein Geschenk, z.B. einen Band Schubert-Klaviersonaten, ein Buch oder eines der Knab-Liederhefte, immer mit persönlicher Widmung.
Ab März 1948 lud mich Frau Knab jeden Freitag nach der Schule zum Mittagessen ein. [7] Ich blieb dann nach dem Essen gleich bei Knabs, und wir hielten am Nachmittag die Unterrichtsstunde, machten danach auch öfter noch einen Spaziergang mit interessanten Gesprächen, bei denen ich von der umfassenden Bildung Knabs viel lernte.
Im Juni 1949 machte ich mein Abitur, und wir hatten eine Woche lang jeden Tag eine Prüfung. Ich wohnte seit dem Auszug meiner Schwester, die in Würzburg am Staatskonservatorium studierte, nun mit meiner Freundin Gertrud Luther aus Abtswind zusammen in der Fischergasse. Damit wir uns während des Abiturs nicht auch noch um unser Essen kümmern mussten, lud uns Frau Knab beide für die ganze Woche zum Mittagessen ein, was wir natürlich sehr genossen.
Bis zum Beginn meines Schulmusik-Studiums im Herbst 1950 nahm ich weiter Klavier-, Violin- und Theorie-Unterricht, um mich auf die Aufnahmeprüfung an der Hochschule für Musik in München vorzubereiten. Ich verdiente mir Geld mit Blockflötenstunden und übernahm für einige Monate den Musikunterricht in den Unterklassen des sich gerade im Aufbau befindlichen Landschulheims in Gaibach.
Im Herbst 1950 begann ich dann mein Schulmusik-Studium an der Hochschule für Musik in München. Auch jetzt blieb ich brieflich in Kontakt zu Knabs und besuchte sie in den Weihnachtsferien.
Zum 70. Geburtstag Armin Knabs am 19. Februar 1951 gab es im Bayer. Rundfunk eine Sendung mit seiner Musik, und in München wurde sein Oratorium Das gesegnete Jahr aufgeführt. Knabs kamen angereist und luden mich zu sich ins Hotel ein. Natürlich besuchte ich auch das Konzert am Abend.
In den Osterferien 1951 sah ich Armin Knab zum letzten Mal bei einem Musiziernachmittag in seinem Kitzinger Zimmer bei Eugenie Braun. Seit Jahren hatte er sich vergeblich um eine Wohnung in Würzburg bemüht; aber in der so stark zerstörten Stadt war die Wohnungsnot groß und einfach nichts zu finden. Als ihm endlich im April 1951 eine Dreizimmer-Wohnung in der Wittelsbacher Straße zugeteilt wurde, konnte er sie nur noch ganz kurz bewohnen. Er war nach den vielen Feiern und Reisen zu Aufführungen seiner Kompositionen zu Ehren seines 70. Geburtstags und nach den Mühen des Umzugs so erholungsbedürftig, dass er sich einer Kur in Bad Wörishofen unterziehen musste. Am 23. Juni 1951 verstarb er dort ganz plötzlich.
Wir hatten an der Musikhochschule gerade unsere Zwischenprüfung nach dem ersten Studienjahr, und ich wurde genau an diesem Tag in Gesang geprüft. Ich hatte mir dafür das Lied von Armin Knab Blühe, blühe Blütenbaum nach einem Text von Rilke ausgesucht. Als ich es gesungen hatte, kam Prof. Walter, der Leiter der Schulmusik-Abteilung, auf mich zu und sagte mir, dass Armin Knab in der Nacht in Bad Wörishofen gestorben sei. Das war eine sehr traurige Nachricht für mich! An der Beisetzung im Knabschen Familiengrab auf dem Friedhof in Kitzingen konnte ich leider wegen der Prüfungen nicht teilnehmen, besuche aber seitdem immer, wenn ich in Kitzingen bin, das Grab, in dem nun auch Yvonne Knab liegt.
Mit ihr blieben mein Mann und ich bis zu ihrem Tod freundschaftlich verbunden, und wir besuchten uns immer wieder gegenseitig. Ich erinnere mich noch gern an Musizier-Nachmittage, die sie mit ihren Gästen in der Wohnung in der Wittelsbacher Straße veranstaltete (siehe Bild 11). Und auch als sie in die Rottendorfer Straße umgezogen war, hatten wir dort viele anregende Nachmittage mit Musikhören und interessanten Gesprächen. Ihren 90. Geburtstag feierten wir zusammen mit dem Ehepaar Dr. Schwartz und ihren Freundinnen Eugenie Braun und Maria Großhauser (siehe Bild 12). Bis zu Ihrem Tod am 9. Dezember 1985 war sie geistig rege und interessiert an allem und las noch in den letzten Jahren den ganzen Faust I und II mit den Kommentaren in der bei Fischer als Taschenbücher neu herausgekommenen Gesamtausgabe der Werke Goethes, die sie sich angeschafft hatte. Als Vermächtnis hat sie diese an uns vererbt, außerdem alle Bücher mit Widmung der Autoren an Knab (Dehmel, Mombert, Carossa, Hermann Claudius …), zwei Original-Gemälde und eine Tisch-Uhr, dazu viele andere Bücher, Schallplatten und Noten. Sie erinnern mich immer wieder an Armin Knab und an all das, was ich ihm musikalisch und menschlich zu verdanken habe.
Anhang: Lebenslauf von Gertrud Reichling (siehe Bilder 13 und 14)
Ich wurde am 10. Mai 1930 als sechstes Kind des Lehrers Gustav Adolf Zeuner in dem kleinen Dorf Enheim bei Marktbreit geboren.
Ab 1932 verbrachte ich Kindheit und Jugend bis zum Abitur 1949 in Kitzingen. Von 1950-1954 studierte ich Schulmusik an der Hochschule für Musik in München, war als Referendarin dort am Theresien-Gymnasium und an Gymnasien in Ansbach und Fürstenfeldbruck tätig und legte im Dezember 1956 das 2. Staatsexamen ab. Am 24. 07. 1956 heiratete ich meinen Studienkollegen Alfred Reichling, und wir waren beide ab Januar 1957 am Gymnasium Ingolstadt tätig, mein Mann auch noch an der Pädagogischen Hochschule Eichstätt. Nach der Geburt unseres ersten Sohnes 1958 schied ich aus dem Staatsdienst aus und gab zu Hause privat Klavier- und Blockflötenunterricht. 1960 wurde unser zweiter Sohn geboren. Nachdem mein Mann an die Pädagogische Hochschule/Universität Würzburg berufen worden war, zogen wir 1962 nach Würzburg, wo im gleichen Jahr unsere Tochter geboren wurde. Ich erteilte Privatunterricht und bildete mich künstlerisch auf der Blockflöte weiter. 1966 bekam ich einen Lehrauftrag für Blockflöte an der Pädagogischen Hochschule/Universität und ab 1976 auch am Konservatorium/Fachakademie für Musik. Ich arbeitete außerdem mit meinem Mann an seinen orgelhistorischen Forschungen und spielte mit ihm Konzerte (Orgel und Blockflöte), vor allem an den unter seiner Leitung restaurierten Orgeln in Süd- und Nordtirol, seinem speziellen Forschungsgebiet. Nach einer Struma-Operation 1978, bei der ein Stimmband gelähmt wurde, konnte ich nicht mehr Blockflöte spielen und musste meine Lehraufträge aufgeben. Ich widmete mich nun vermehrt meiner Liebe zu Sprachen, indem ich an der Universität noch Spanisch und Neugriechisch lernte. Jetzt, im Alter von 86 Jahren, besuche ich noch einen Konversationskurs Französisch an der Volkshochschule und nehme – leider meist nur am Computer über Skype – am Leben unserer Kinder und sechs Enkel teil, die weit verstreut (bis nach Mexiko) leben.
Gertrud Reichling
Fussnoten:
[1] Maria Friedel heiratete 1944 den Germanisten der Schule, Dr. Rudolf Schwartz, und gehörte auch zu dem Kreis um Armin Knab. Ich und auch mein Mann blieben bis zu ihrem Tod freundschaftlich mit dem Ehepaar Schwartz verbunden. Herr Dr. Schwartz half Frau Knab auch bei der Neuauflage des Buches von Oskar Lang (ich las Korrektur) und wurde von Frau Knab als ihr Nachlassverwalter eingesetzt, und nach seinem Tod gingen alle seine Knab-Noten und Tonbänder aus dem Knabschen Nachlass an uns über.
[2] Die Pianistin Eugenie Braun war eine der drei Frauen, die mit Armin Knab schon in seiner frühen Zeit in Kitzingen und als Landgerichtsrat in Würzburg befreundet waren und seine Musik spielten und sangen. Die beiden anderen waren die Sängerin Maria Großhauser und die Ausdruckstänzerin und Gymnastiklehrerin Paula Yvonne Hermann, die er später heiratete. Sie leitete eine Tanzgymnastikschule in Würzburg, bei der Eugenie Braun oft als Klavierspielerin zu den Tänzen improvisierte.
[3] Zu diesem Kreis gehörte auch der Flötist Armin Guthmann, der später am Würzburger Konservatorium bei Prof. Zanke studierte und selbst Professor an der Musikhochschule Karlsruhe wurde; ebenso Erika Schubert, die kurze Zeit auch bei Frau Klink-Schneider Gesang studierte (später verheiratet mit dem Cellisten Bruno v. Hübschmann, Schüler von Prof. Faßbender).
[4] Margret Völkers Vater war Weinhändler und Essigfabrikant und hatte überall in den Dorfgasthäusern Kunden, bei denen wir etwas Essbares zu bekommen hofften.
[5] Als Knab die Musik zu dem Film seines Freundes, des Kunsthistorikers Dr.Carl Lamb, über das Nymphenburger Bustelli-Porzellan schreiben sollte, musste er sich längere Zeit in München aufhalten. Selbst da durfte ich ihm meine Hausaufgaben per Post schicken, und er sandte sie mir korrigiert zurück!
[6] Später besuchten mein Mann und ich ihn und seine Frau bei unseren Orgel-Studienreisen 1979, 1984 und 1986 in seinem Haus in Boston-Brookline und blieben bis zu seinem und ihrem Tod in brieflichem Kontakt mit ihnen.
[7] Meine Eltern wohnten jetzt nicht mehr in Kitzingen, sondern in Westheim, wohin es keine regelmäßige Verkehrsverbindung gab. So musste ich mich unter der Woche selbst versorgen und konnte nur über das Wochenende nach Hause.