Hilde Müller-Tamm
erinnert sich an das Würzburger Musikleben in den 1930er- und 40er-Jahren
Kurzbiographie von Hilde Müller-Tamm: Ich wurde 1927 in Würzburg als Tochter des Rechtsanwalts Justizrat Dr. Adam Klemmert und seiner Ehefrau Hella, geb. Leffler, geboren. Nach vier Jahren in der Schiller-Schule kam ich 1937 in die Höhere Schule zu den Englischen Fräulein, die im Jahr 1938 aufgelöst wurde. Von da an besuchte ich die Städtische Mozartschule. Am 16. März 1945 wurden wir ausgebombt. Von 1946 bis 1948 habe ich Germanistik und Geschichte an der Universität Würzburg studiert. Nach Berufstätigkeit in Bonn und Bad Homburg von 1948 bis 1954 habe ich den Chemiker Dr. Heinz Müller-Tamm geheiratet, mit dem ich 1954 nach Ludwigshafen am Rhein gezogen bin. Dort habe ich unsere drei Töchter Eva, Pia und Jutta zur Welt gebracht. Von 1969 bis 1979 war ich Mitglied im Stadtrat von Ludwigshafen am Rhein. Im Jahre 1987 ist mein Mann verstorben. 2004 bin ich in mein Elternhaus nach Würzburg gezogen, um hier meinen Lebensabend zu verbringen.
Vorbemerkung: Es handelt sich um die gekürzte Fassung eines Gesprächs, das am 20.November 2014 geführt wurde. Die Fragen stellte Prof. Dr. Christoph Henzel.
CH: Welche Rolle hat die Musik in Ihrer Familie gespielt?
HM-T: Meine Mutter Hella Leffler bekam 1924 ein Engagement am Stadttheater Würzburg, sie war die Starsopranistin der Operette. Mein Vater war ein sehr seriöser Mann, Rechtsanwalt, verwitwet. Er hatte viele Jahre lang eine Loge im Theater und war auch der Anwalt der Theaterleute. Schon auf der Bühne hat meine Mutter bei ihm großen Eindruck hinterlassen. Privat kamen sie sich im Ratskeller näher. Mein Vater hatte seine Kanzlei auf der Domstraße und ist immer mittags zum Peter Veitl in den Ratskeller zum Essen gegangen. Die Theaterleute haben auch dort gegessen, und dann ging das ganz schnell, nach einigen Monaten haben sie im Jahr 1925 geheiratet. Die Eheschließung war für meine Mutter mit dem Abschied von der Bühne verbunden; das war damals die Erwartung an die Ehefrau eines Anwalts. Wir haben direkt neben den Huttensälen gewohnt; im Sommer gab es dort Ringerturniere und im Winter die wunderbaren Bälle. Meine Mutter hat bei der Liedertafel unter Herrn Zeller rege am Musikleben teilgenommen, das zum Teil in den Huttensälen stattfand. Sie sang die Hauptrolle in der Lustigen Witwe von Lehár und führte Regie in der Schönen Galathée von Suppé.[1] Bei uns war immer viel Musik im Haus. Wir hatten ein Grammophon, da gab es hauptsächlich Opernstücke, etwa von Verdi, gesungen von Caruso, die üblichen Ohrwürmer.
CH: Wer waren Ihre Lehrer?
HM-T: Meinen ersten Klavierunterricht erhielt ich bei einer Frau von Horn, der Mann war Geiger im Theaterorchester. Mit meinen bescheidenen Fähigkeiten haben wir zu Hause die einfachen Liedern wie Du bist die Ruh von Schubert musiziert. Um den Unterricht etwas zu intensivieren, wurde ich bei Prof. Knettel vorgestellt. Er war ein sehr liebenswürdiger Mensch, und gewiss haben nur die Bekanntschaft mit meinem Vater und seine Menschenfreundlichkeit ihn veranlasst, mich als Schülerin zu nehmen. Bei der Vorstellung – das weiß ich noch genau – habe ich den Fröhlichen Landmann von Schumann vorgetragen. Der Unterricht fand in einem Haus statt, das auf mich sehr alt wirkte und einen sehr eigenartigen Geruch verbreitete. Man ging eine Treppe hoch, und von einer dunklen Diele gingen die einzelnen Räume weg. Mein Unterrichtszimmer war nicht sehr groß. Ich bin immer gern zeitiger gekommen, um zuzuhören. Nach mir kam zumeist der Sohn von Prof. Kaul, ein blonder hübscher Junge, auf dem offensichtlich gewisse Hoffnungen ruhten. Der war aber kein Könner, das war ein anderer, ein kleiner Kerniger, er hieß Müller, der hat immer auf dem Klavier getobt. Ich habe gehört, dass er im Krieg gefallen ist.[2]
CH: Wann endete der Unterricht bei Heinz Knettel?
HM-T: Durch einen Zufall hat meine Familie in jener Zeit Frau Dina Rieth-Grossberg (die Schwester des Malers Carl Grossberg) kennengelernt. Es gelang ihr, meine Eltern davon zu überzeugen, dass sie eine große Klavierpädagogin wäre. Da meine Eltern inzwischen wohl auch erkannt hatten, dass meine Klaviermöglichkeiten für Herrn Prof. Knettel nicht ausreichend waren, haben sie mich zu Frau Rieth-Grossberg in den Unterricht übergeben. Die nachhaltigste Erinnerung an diesen Unterricht war die Tatsache, dass Frau Rieth-Grossberg mich mit Terzen durch sämtliche Dur- und Moll-Tonarten gejagt hat. Dies alles endete abrupt, als wir im September 1944 aus der Abiturklasse geholt wurden, zu einem Zeitpunkt, als die West- und die Ostfront schon nahe an den deutschen Grenzen waren. Ich wurde nach Zell zum Arbeiten eingeteilt. Dort gab es eine riesige Halle, die Reparaturwerkstatt der Schweinfurter Kugellagerfabrik. In der Halle waren vor allem ausländische Zwangsarbeiter beschäftigt. Meine Aufgabe war es, Rundformstähle mit einer Toleranz von 0,1 mm zu schleifen. Ich wurde dazu von einem jungen Belgier angelernt, er war etwa 20 oder 21 Jahre alt, der diese Arbeit viel besser gemacht hat als ich, er konnte das wirklich gut. Der Arbeitsbeginn war morgens um 6 Uhr, da mussten wir stechen, Arbeitsende war abends 6 Uhr. Das heißt, ich bin um 4 Uhr aufgestanden, musste mit der Straßenbahn zum Bahnhof, von da nach Zell und noch mal 10 Minuten laufen, und wenn wir an der Stechuhr zu spät waren, wurde etwas von Lohn abgezogen (60 Reichsmark im Monat). Abends ist man völlig erschöpft ins Bett gefallen, und dann kam noch Fliegeralarm. Ich war so todmüde, dass mir richtig schlecht war, wenn ich wieder aus dem Bett musste. Denn um 4 Uhr mussten wir wieder aufstehen. In dieser Zeit konnte ich mich überhaupt nicht für Musik interessieren.
CH: Kannten Sie noch andere Professoren am Staatskonservatorium?
HM-T: Für Schüler aus dem Konservatorium wurde Harmonielehre angeboten. Obwohl ich nicht eigentlich Schülerin des Konservatoriums war, habe ich aus Interesse daran teilgenommen. Dort hatten wir den alten Prof. Wyrott als Lehrer. [3] Er war eine etwas gedrungene Erscheinung mit einem mächtigen Kopf. Ich habe ihn als angenehm empfunden. Er war außerordentlich kenntnisreich und schien immer etwas betrübt, dass die Schüler nicht mehr wussten. Einmal hatten wir Intervalllehre, und er stellte eine Aufgabe. Da habe ich die richtige Antwort gesagt, ich glaube bis heute, dass es Zufall war.
Prof. Schindler habe ich bei Hochschulkonzerten an der Orgel erlebt; er war politisch eng mit dem Regime verbunden, auch seine Frau und seine drei Söhne, das war allgemein bekannt. [4]
In den letzten Kriegsjahren habe ich den Komponisten Armin Knab kennengelernt. Er war in den Zwanziger Jahren als Richter am Landgericht Würzburg tätig und hatte sich in dieser Zeit mit meinem Vater angefreundet. Er war dann zeitweise in Berlin tätig und kam, als er dort ausgebombt worden war, nach Würzburg zurück. Als mein Vater das erfuhr, hat er ihn und seine Frau zu einem Sonntag-Nachmittag-Kaffee zu uns eingeladen. Ich erinnere mich nur noch daran, dass sich die beiden Männer sehr angeregt unterhalten haben.
CH: Ist Ihnen Hermann Zilcher begegnet?
HM-T: Im Rahmen meiner Knettel’schen Unterrichtszeit habe ich Zilcher nicht gesehen. Aber privat haben wir ihn schon gekannt. Ich erinnere mich, dass ich einmal mit meiner Mutter in der Stadt war und Hermann Zilcher sie auf der Straße mit Handkuss begrüßt hat. Ich stand als Kind daneben und habe gestaunt.
Die Familie Zilcher wohnte in der oberen Keesburgstraße. Daneben gab es eine Straße, den Lärchenhain, da lebte eine Malerin namens Alida Kisskalt [5]. Mit dieser Malerin war meine Mutter persönlich befreundet. Die Kisskalts waren eine angesehene Würzburger Familie. Die Eltern hatten das Hotel Zum Schwanen am Main, das war um die Jahrhundertwende sozusagen die Nr. 1 in Würzburg. Die Malerin Kisskalt hatte drei Brüder, die ihrer Schwester das Haus im Lärchenhain gebaut haben. Ich war oft mit meiner Mutter bei Frau Kisskalt zu Besuch. In dem Atelier wurden schöne Faschingsfeste gefeiert. Da kamen die Nachbarn: Maler Mertens, der Unterricht in der Kunstschule gegeben hat, von gegenüber der Augenarzt Dr. Boots, von dessen Tochter Alida Kisskalt ein bezauberndes Bild im Kostüm einer Tänzerin gemalt hatte. Auch der damals bekannte Neurologe Schaltenbrand mit Frau war dabei. Alle Gäste waren kostümiert, und einmal zu vorgerückter Stunde kam Geheimrat Prof. Dr. h. c. Hermann Zilcher im Kostüm als Primadonna: mit Perücke, Dekolleté und üppigem Schmuck. Das war damals schon exzeptionell, aber es zeigt auch, dass ein Mann mit solch vielfältigen und großen Begabungen in keine der üblichen Schubladen passt. Er war ein Mann mit viel Phantasie; einmal hat er einen kahlen Baum mit zahllosen Papierblüten bestückt, um seiner Frau bei der Rückkehr von einer Reise eine Überraschung zu bereiten. Hermann Zilcher war ganz in der Welt des Ästhetisch-Künstlerischen zu Hause, sehr viel mehr als in der Welt des Politischen.
CH: Was haben Sie vom musikalischen Leben in Würzburg mitbekommen?
HM-T: Der früheste Eindruck stammte aus dem Jahre 1932. Damals wurde im Rahmen der Nachtmusik auf der Wiese ein Kinderballett aufgeführt. Wir wurden mit Perücken und Kostümen ausgestattet. Ich war ein Mädchen, meine Nachbarfreundin ein Bub. Die Tanzlehrerin Frau Klein-Langner hat mit uns Menuette einstudiert. Das war für mich wunderbar, das erste musikalische Erlebnis.
Die nachhaltigen Eindrücke hatte ich erst nach 1945 mit den großen Konzerten der Bamberger Symphoniker unter Eugen Jochum im Kaisersaal der Residenz. Die Jupiter-Symphonie von Mozart, die ich damals zum ersten Mal gehört habe, war einer der überwältigenden musikalischen Eindrücke meines Lebens.
CH: Welche Rolle hat für Sie das Stadttheater gespielt?
HM-T: Im Krieg war der Intendant des Stadttheaters Helmut Ebbs. Er war allgemein sehr geschätzt. Ich habe ihn in Shakespeares Was ihr wollt gesehen, und da war er in einer Szene so fabelhaft komisch, dass ich in meinem Theaterstuhl einen Lachanfall bekommen habe. Daran erinnere ich mich noch genau. Als Karl Schmitt-Walter den Don Giovanni gesungen hat, war ich so beeindruckt, dass ich gesagt habe, da gehe ich noch mal hin. Wenn Pause ist, mische ich mich unter das Volk. Da mein Vater in seiner großen Korrektheit dagegen war, bin ich zu Hause geblieben. Die Schauspieler Karl Bernhard und Mitzi Arnoldi waren eine Art Urgestein, sie gehörten über Jahre zur festen Truppe des Stadttheaters. Bernhard war der Mann der alten Schule und des großen Pathos. In den Weihnachtsvorstellungen hat er den Nikolaus gespielt.
CH: Welche Erinnerungen haben Sie an den Musikunterricht in der Schule?
HM-T: 1937 kam ich in die Höhere Schule zu den Englischen Fräulein. Es gab in Würzburg außerdem noch eine kirchliche Schule, die Ursulinen, und eine private, die Sophien-Schule für Mädchen. Alle drei wurden an Ostern 1938 von der NS-Führung aufgelöst, und von da an gab es nur noch eine Städtische Höhere Mädchenschule. Diese Schule wurde in das Gebäude der Englischen Fräulein verlegt, das erst wenige Jahre zuvor erbaut worden war – 1941 erhielt sie den Namen Mozartschule.
1939 wurden die meisten Lehrer eingezogen. Meine Musiklehrerin war eine Frau Großhauser. [6] Eine wunderbare Altistin. In Würzburg ist sie oft auch als Solistin aufgetreten. Sie hat sehr gut unterrichtet. Ich habe sie als eine der wenigen wirklichen Persönlichkeiten an dieser Schule in Erinnerung. Im Unterricht haben wir z. B. die Libretti von Wagner-Opern mit verteilten Rollen gelesen. Auch wurde viel musiziert von denen, die etwas beitragen konnten. Ich erinnere mich auch an Lilli Brönner. Sie war sozusagen die Rivalin der Frau Großhauser. Sie war auch bei uns Lehrerin, aber ich hatte sie nicht. Sie war bestimmt keine schlechte Lehrerin. Dr. Alma Scarbath hatte ich Jahre lang in Geschichte. Sie war sehr intelligent, außerordentlich engagiert, außerdem ganz auf der Linie des Zeitgeistes. Die Geschichtsbücher, die wir hatten, waren alle frisiert. Es gab keine Jahreszahlen, alles war in Form von Erzählungen geschrieben.
Um die Zeit zu charakterisieren, möchte ich ein Erlebnis schildern: In unserer Klasse war ein Mädchen, Sidonie Penners. Sidi hatte ältere Brüder, und dann bekam die Mutter noch ein Kind, als wir schon auf dem Gymnasium waren. Der Mutter ging es nach der Geburt gesundheitlich nicht gut, also musste sich Sidi sehr viel um das Kind kümmern. Wir haben versucht, ihr bei den Hausaufgaben zu helfen, dann erfuhren wir, dass ihre Versetzung gefährdet war. Wir sind zu dritt zu Direktor Falkenmeier gegangen, um die Lage zu erklären. Ich habe unser Anliegen vorgebracht: „Wir haben gehört, dass Sidi Penners durchfallen soll. Wir wollen Ihnen aber auf jeden Fall zur Kenntnis bringen, dass sie vollkommen überfordert ist mit der kleinen Schwester und der kranken Mutter.“ Daraufhin hat der Direktor buchstäblich einen Tobsuchtsanfall bekommen. Mit hochrotem Kopf hat er uns angeschrien: „Wo käme ich denn da hin, wenn ich mich mit meinen Schülern über so eine Frage unterhalten würde!“ Ich habe mich sehr gedemütigt gefühlt.
CH: Wo traf sich denn die gute Gesellschaft Würzburgs?
HM-T: Durch meinen Vater kann ich nur von der Schlaraffia berichten. Das war damals der Treffpunkt aus den verschiedensten beruflichen Bereichen, und die Tendenz war, dass man alles etwas ironisiert und verhohnepiepelt. Jeder bekam dort einen Namen. Es war eine reine Männergesellschaft. Der langjährige Vorsitzende der Schlaraffia, Wilhelm Seyboth, hatte den Schlaraffennamen „Mufti“; der Professor für Klarinette Hans Steinkamp hatte den Schlaraffennamen „Klari der Nette“; mein Vater hieß „Theobald mit der goldenen Schippe und dem goldenen Herzen“. Jeder sollte gelegentlich etwas zur geistreichen Unterhaltung beitragen. Diese Vorträge hießen „Fexungen“. Die Besten wurden schriftlich aufgezeichnet. Nach 1945 hat Prof. Knettel mir gesagt, dass sie im Kreis der Schlaraffia die alte Fexungen wieder gelesen haben: „Wir waren uns alle einig, dass zur Zeit kein Einziger in der Lage wäre, so etwas Witzes zu verfassen“ wie die Fexungen meines Vaters. In der Schlaraffia wurde auf musische Beiträge sehr großer Wert gelegt, daher waren viele Professoren des Konservatoriums Mitglied. Nachdem die Schlaraffia von den Nationalsozialisten aufgelöst worden war, musste jedes Mitglied den ihm gehörenden Holzsessel mit der eingeschnitzten Eule vom Treffpunkt in der Bahnhofstraße abholen. Wir haben das Möbel dann mit einem Leiterwagen nach Hause gebracht. Die Studentenverbindungen und zwar gleichermaßen die Corps, die Burschenschaften und die katholischen Verbindungen wurden nach 1933 samt und sonders aufgelöst. An deren Stelle gab es dann die sog. „Kameradschaften“.
CH: Kannten Sie die Brüder Heuler?
HM-T: Dr. Alois Heuler, genannt Alo, hatte eine Sprechschule, und sein Bruder Josef Heuler, genannte Belo, hatte eine Singschule. Als ich klein war, habe ich gelispelt. Meine Mutter hat mich deshalb bei Alo Heuler angemeldet. Er kam in die verschiedenen Schulen am Ende des Nachmittagsunterrichts und versammelte seine Sprechschüler in einem Klassenzimmer. Bei uns in der Schiller-Schule waren es etwa acht Kinder. Wir mussten uns z. B. hinlegen und Atemübungen machen. Einmal hatte ich die Gebühr nicht dabei. „Ach, da ist jetzt die Gasheizrechnung, und ich habe doch gerechnet, dass ich das Honorar jetzt bekomme“, meinte Alo. Daraufhin bin ich nach Hause gerannt und hab das Geld geholt. Eines Tages war das Lispeln dann bei mir vorbei.
Auch nach dem Krieg waren wir mit der Familie Heuler sehr verbunden. Alo Heuler war ein in Franken anerkannter Schriftsteller. Er war Autor eines Dramas über das Schicksal des Heiligen Kilian. Darin ging es um die Legende des Heiligen, der auf Veranlassung der fränkischen Herzogin Gailana ermordet wurde. Meine Mutter hat sich bei Bischof Döpfner angemeldet, und es hat sie einige Mühe gekostet, ihn zu überzeugen, dass das Kilians-Drama aufgeführt werden sollte. Nach der ersten Aufführung wurde es jedoch nur noch einmal im folgenden Jahr wiederholt. Die Singschule von Alos Bruder Joseph wurde von ihm gemeinsam mit seiner Frau Elsi, die aus der Schweiz stammte, noch viele Jahre geführt.
Dank
Zum Schluss möchte ich Herrn Prof. Henzel herzlich danken, dass er mich zu dieser kleinen „Reise in die Vergangenheit“ veranlasst hat. Wenn ich auch nur einzelne Splitter aus dem großen Mosaik der damaligen Zeit beitragen konnte, so ist doch gewiss, dass die Angehörigen meines Jahrgangs zu den Letzten gehören, die noch eine Vorstellung an die Stadt Würzburg vor der Zerstörung haben. Ich muss gestehen, dass die Erinnerungen an das alte Würzburg, in dem sich die steinernen Zeugen vieler Jahrhunderte zu einem Bild von großer Harmonie und Schönheit verbunden haben, mich gelegentlich mit Wehmut erfüllen. Aber zweifellos besitzt Würzburg auch heute noch einen speziellen Charme, der viele Besucher in unsere Stadt lockt.
Fußnoten
[1] Die Liedertafel veranstaltete nach dem 1. Weltkrieg regelmäßig Operettenabende unter Rückgriff auf den Dekorations- und Kostümfundus des Stadttheaters.
[2] Manfred Müller, Klavierstudent seit 1939.
[3] Karl Wyrott (1882-1944) war ab 1907 Lehrer für Klavier, Violine und Harmonielehre an der Kgl. Musikschule in Würzburg. 1924 wurde er zum Studienprofessor ernannt.
[4] Hanns Schindler (1889-1951) wurde 1913 Lehrer für Orgel, Klavier und Theorie am Kgl. Konservatorium. 1923 wurde er zum Studienprofessor ernannt. 1935 wurde er Musikreferent in der NS-Kulturgemeinde, ab 1937 im Gaupropagandaamt. Er leitete im Auftrag der NS-Kulturgemeinde sog. volkstümliche musikalische Feierstunden. Sie fanden im Winter im Alfred-Rosenberg-Haus (Valentin-Becker-Straße 3), dem Amtssitz der NS-Kulturgemeinde, statt und im Sommer als „Orgelfeierstunden“ in der Universitätskirche.
[5] Alida Kisskalt studierte auch von 1897 bis 1900 an der Königlichen Musikschule in Würzburg Klavier.
[6] Maria Großhauser hatte von 1919 bis 1925 am Würzburger Konservatorium Klavier und Gesang studiert. Im Studienjahr 1923/24 hatte sie zusätzlich den Vorbereitungskurs für das Lehramt an den höheren weiblichen Unterrichts- und Erziehungsanstalten besucht.