Jahreszeugnisse aus den 1930er-Jahren

Spuren aus dem Studienalltag

Von den Studierenden des Staatskonservatoriums der Vorkriegszeit sind so gut wie keine Zeugnisse erhalten geblieben. Rare Ausnahmen stellen die Zwischenzeugnisse von Hermine und Alfons Arnold vom 15. Juli 1939 dar. (Die Originale befinden sich im Archiv der HfM Würzburg.) Sie dokumentieren nicht den Leistungsstand, sondern vielmehr den Einsatz der Studierenden und ihre Entwicklung im Blick auf die Ziele der Ausbildung.

Der Datumstempel gibt den Beginn des Studienjahrs (nicht des Studiums) an. Hermine Arnold war bereits im Studienjahr 1935/36 als Hospitantin (Gasthörerin) eingeschrieben. Als Vollstudentin ist sie vom September 1936 bis Juli 1940 nachgewiesen. Die Quellen, die Jahresberichte des Bayerischen Staatskonservatoriums, erwähnen nur das Hauptfach Gesang. Ohne das Jahreszeugnis wüssten wir nichts davon, dass sie Orgel im Nebenfach studierte. Die Mitwirkung bei einem Schülerkonzert ist erst am Ende ihrer Studienzeit belegt: Am 19. Mai 1940 sang sie im Saal des Staatskonservatoriums drei Lieder für Altstimme von Johannes Brahms. Am 7. Juli 1940 trug sie je eine Arie von Georg Friedrich Händel und Johann Sebastian Bach vor.

Alfons Arnold studierte von 1935 bis 1939 Klavier im Hauptfach am Staatskonservatorium. Die Mitwirkung in einem Schülerkonzert ist nicht dokumentiert. Vermutlich ließ ihm das Volksschullehramtsstudium an der Universität nicht viel Zeit zum Üben. 1937, nach der Eheschließung mit Hermine, zogen sie nach Weichtungen bei Bad Kissingen, wo er als Aushilfslehrer an einer Volkshauptschule arbeitete. Sein Antrag, an einen verkehrsgünstigeren Ort versetzt zu werden, um das Studium fortsetzen zu können, wurde abgelehnt. Trotzdem blieb er eingeschriebener Student des Staatskonservatoriums. 1938 erhielt er in Rimbach bei Volkach eine Lehrerstelle. Er gründete den Gesangverein "Liederkranz Rimbach" und stellte sich bereits im April des darauffolgenden Jahres einer Bewertung durch den Deutschen Sängerbund. Sie fiel sehr günstig aus. In dem Gutachten heißt es: "Aus einem kleinen Bauerndorf singt ein kleiner Chor nach ganz kurzem Bestehen schwere Lieder in bester Ausführung. Das ist eine Tatsache, die man mit größter Genugtuung feststellt." Über Arnold liest man: "Die aufgeführten Chorwerke bewiesen, daß hier ein tüchtiger Mann am Werke ist."

Nach dem Krieg stieg Alfons Arnold bis zum Schulrat in Mellrichstadt auf. Er versuchte die damalige Kreisstadt, die damals knapp 6000 Einwohner hatte, durch Musikabende, Choraufführungen, Vorträge und Laientheateraufführungen kulturell zu beleben. Eine Zeit lang nahm er privaten Kompositionsunterricht bei Franz Anton Wolpert (1917-1978), der in der Zeit des Nationalsozialismus als "mainfränkischer Komponist" gehandelt worden war und nach Kriegsende in seiner Geburtsstadt Wiesentheid an einer Notenstenographie arbeitete. Ein vom Ehepaar Arnold gemeinsam betriebenes Projekt war die "Rimparer Chronik", die in den Jahren 1962 bis 1968 in drei Bänden im Eigenverlag publiziert wurde.

Hermine Arnold war nicht berufstätig. Sie übernahm jedoch von ihrem Mann, der als Staatsbeamter im Nationalsozialismus kein kirchliches Amt ausüben durfte, den Organistendienst in der katholischen Pfarrgemeinde am Ort. Nach seinem Tod am 7. Mai 1972 führte sie wiederum sein Organistenamt an St. Peter und Paul in Rimpar fort - bis 2004. Sie starb am 11. Dezember 2006.

Quelle: Mainpost vom 12.12.2004; Rimpar aktuell 27 (2007), Ausg. 1 (17.1.2007); E-Mail von Ingrid Rufflar (Tochter der Arnolds) an Martine Streib v. 14.2.2020; Dokumente in Fotokopie im Besitz von Ingrid Rufflar; Originaldokumente aus dem Nachlass von Wolfgang Arnold (Sohn der Arnolds, ehemals Dozent für Klavier an Fachakademie und Musikhochschule in Würzburg), von dessen Ehefrau Irina dankenswerterweise dem Archiv der HfM Würzburg überlassen.

Martine Streib sei für ihre Unterstützung bei den Recherchen herzlich gedankt. Von ihr ging die Anregung zu diesem Beitrag aus. CHenzel