Eine Gruppe von Menschen begegnet sich, ein Liebespaar wird verspottet und aggressive Männlichkeit siegt über vermeintliche Schwäche und Gefühlsduselei. Der Krieg wird besungen, Begeisterung breitet sich aus. Eine alte Geschichte wird vorgetragen: der christliche Kreuzritter Tancredi trifft auf dem Schlachtfeld seine Geliebten Clorinda, die jedoch dem feindlichen, muslimischen Lager angehört. Er erkennt sie nicht und tötet sie im Zweikampf. Sterbend verlangt sie nach der Taufe, erst da wird ihm klar, wen er mit seinen eigenen Händen erschlagen hat. Zwei Engel übernehmen die Regie, machen Clorinda zur Märtyrerin und erheben sie effektvoll in den Rang eines dritten Engels. Als alle die Bühne verlassen haben, findet sich Arianna allein auf einer einsamen Insel wieder. Ihr Geliebter Teseo ist auf göttliche Weisung ohne sie weitergesegelt und hat sie einfach zurückgelassen. Sie durchlebt alle Stadien der Hoffnung und Verzweiflung, des Kummers und der Wut und schließt mit der Erkenntnis: so geht es einem, wenn man zu viel glaubt und zu viel liebt. Sie wird etwas ruppig aus ihrer Trauer gerissen von drei Bühnenarbeitern, die sie und ihre Tragik verspotten und ihrem Spieltrieb freien Lauf lassen. Ein Paar tritt auf und verständigt sich durch Briefe: die Beziehung des Dichters Paul Celan und seiner Frau Gisèle ist schwer belastet von seinen Traumata. Die Erfahrung des Holocaust, der Verlust der Eltern sowie der auch nach dem Zweiten Weltkrieg kaum verhüllte Antisemitismus haben Paul psychisch stark angegriffen. Gisèle findet keine Möglichkeit, ihm zu helfen, und macht sich Vorwürfe deswegen. Als er sie im Wahn mit einem Messer angreift, muss das Paar schmerzhaft erkennen, dass ein Zusammenleben nicht mehr möglich ist. Eine Gruppe von Menschen findet sich in einem Klagegesang über die Unerreichbarkeit des geliebten Wesens und beschreibt die Qualen der unerfüllten Liebe.
Unter dem Titel GLAUBE, LIEBE – HOFFNUNG? lotet die Opernschule Konflikte aus, die zwischen Liebenden entstehen können, insbesondere dann, wenn starke religiöse Gefühle der Liebe entgegenwirken. Wir leben in einem Jahrhundert, in dem Kriege allgegenwärtig sind, aus unterschiedlichsten Motivationen – aber eben auch wegen religiöser Differenzen. Religiöser Radikalismus ist (wie jede Form von Extremismus) zu keiner Zeit Teil der Lösung gewesen, sondern immer Teil des Problems. Umso erstaunlicher ist es, dass in vermeintlich aufgeklärten, säkularen Gesellschaften plötzlich wieder Gesinnungskriege geführt werden, dass Freiheiten, die man längst als selbstverständlich ansah, wieder in Frage gestellt werden, und dass Menschen wegen ihres Glaubens diskriminiert werden. Es zeigt uns, dass der Glaube zu allen Zeiten und auch heute eine ähnlich heftige Antriebskraft sein kann wie die Liebe. Und dass er die Menschen zu ähnlich irrationalen, zerstörerischen Handlungen anstacheln kann. Diese Geschehnisse finden wir in Musik(theater)stücken, die 400 Jahre alt sind, ebenso wie in neuesten Werken – das allein beweist die Zeitlosigkeit dieser Problematik. Mit elementaren Mitteln setzt die Bühne Zeichen aus Licht und Dunst, Papier und Stoff. Die Kostüme tragen biographische Merkmale der einzelnen Charaktere und weisen Spuren von Durchbrochenheit und Zerstörung auf. Die Inszenierung vertraut ganz auf die Spannung zwischen den einzelnen Darstellern, auf Gruppendynamik und die Kraft der Person im Raum. So erschließen wir uns die Gefühle und Konflikte der Figuren, ihren Glauben und ihre Liebe – ob es für sie wohl auch Hoffnung gibt?
Regie: Prof. Katharina Thoma
Dirigent: Julius Ebert
Bühne: Verena Hemmerlein
Kostüme: Ben van Heyden
Musikal. Leitung Monteverdi: Prof. Ralf Waldner
Musikal. Leitung Nemtsov: Prof. Robert HP Platz
Studierende der Gesangsabteilung, der Abteilung Historische Instrumente und des Ensembles Neue Musik der HfM Würzburg
Termine: 30.05. | 31.05. | 02.06. | 04.06.
Ort: Theater Bibrastraße
Zeit: jeweils 19:30 Uhr
Karten sind über Reservix und im Falkenhaus erhältlich.