Vortrag
Was ist noch ein Flirt und was ist schon ein Übergriff? Diese Frage wird seit Beginn der #metoo-Bewegung besonders oft gestellt. Angeblich wäre es unmöglich, darauf eine Antwort zu finden: Das Problem sei unauflösbar, alles würde sich in einer undurchdringlichen Grauzone bewegen, so das beliebte Argument. Tatsächlich lässt sich so nur argumentieren, wenn erfahrungsbasiertes Wissen um Machtmissbrauch völlig aus der Unterhaltung ausgeblendet wird. So werden die allgegenwärtigen Mythen rund um sexuelle Belästigung und Machtmissbrauch oft unhinterfragt weitergegeben. Genau hier interveniert „Grauzonen gibt es nicht“: Mit dem eigens dafür entwickelten Red Flag System gibt es erstmals ein Früherkennungssystem, um die ersten Anzeichen von Machtmissbrauch zu identifizieren.
Mit diesem Blick sieht das Bild ganz anders aus: Sobald die systematischen Machtdynamiken aufgeschlüsselt sind, die Perspektive von Betroffenen berücksichtigt und die Verantwortung für Übergriffe an die richtige Adresse — nämlich die der TäterInnen — gebracht wird, stellt sich heraus: So grau ist die Grauzone gar nicht.
Und: Das Problem geht uns alle an. Denn in den meisten Fällen sexueller Belästigung hätte es nämlich alles geändert, wenn eine Person nicht weggeschaut, sondern eingegriffen hätte.
Im Zuge des Vortrags werden Antworten auf die folgenden Fragen erarbeitet: Wie können wir als Gesellschaft besser darin werden, Machtmissbrauch rechtzeitig zu erkennen und dagegen aufzustehen? Wie können ZeugInnen von Belästigung aktiv werden? Welche konkreten Handlungsstrategien gibt es? Welche klassischen Mythen, die uns oft daran hindern, uns einzumischen, müssen wir genauer unter die Lupe nehmen? All dieser Fragen nimmt sich der Vortrag zum Buch „Grauzonen gibt es nicht“ an.
Referentin
Sara Hassan lebt und arbeitet in Brüssel und Wien als Journalistin, Autorin und Podcasterin. Sie studierte Psychologie und Vergleichende Literaturwissenschaften in Wien und im belgischen Louvain-La-Neuve. 2015-2018 arbeitete Sara Hassan als Pressereferentin im Europaparlament zu den Themen internationale Handelsabkommen, Flucht und Migration sowie Netzpolitik. In Brüssel gründete sie mit KollegInnen das intersektionale, feministische Netzwerk „period.“. Sie produziert den Podcast „Vocal about it“, in dem Frauen of color das Mikrofon selbst in die Hand nehmen. Sie ist Autorin von „It’s not that grey“ und hält Vorträge zum Thema sexuelle Belästigung.